„»Mystik« ist offenbar Mode“, beobachtete der Jesuit Paul Mommaers 1979. Man plädiert in dieser Zeit beherzt für eine „demokratisierte Mystik“ (Dorothee Sölle), die jedem Menschen ein mystisches Potential zutraut. Tatsächlich blüht etwa ab den 1920er Jahren das Interesse an Mystik beträchtlich auf. In dieser Dynamik wird die Erfahrung Gottes wieder zu einem Thema der Theologie – gegen eine Engführung des Christseins auf Moral und Dogma und gegen ein einseitig rationalistisches Paradigma seit der Aufklärung.
Für nicht wenige Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts sind die Mystiker*innen, die in dieser Epoche situiert sind, bis heute eine Inspirationsquelle. Seismographisch haben sie die sich ankündigenden tektonischen Verschiebungen gespürt. Zugleich haben sie eine Spur gelegt, wie die „alte Mystik“, die sie gelesen hatten, zu übersetzen und fruchtbar zu machen wäre.
So wurden sie zu Vordenker*innen – mit ihrer Sensibilität für
- einen glaubenden Lebensvollzug jenseits der bergenden Selbstverständlichkeit,
- die Rede von der Gottespräsenz angesichts eines anderen Weltbilds,
- ein Menschenbild, das sich nicht im homo faber (der Mensch als Macher) und im animal laborans (der Mensch als Arbeitstier) erschöpft,
- die Verbindung von Mystik und sozial-politischer Verantwortung,
- die lernende Öffnung gegenüber nicht-christlichem Denken …
Die Ringvorlesung wirft einen Blick auf drei Mystikerinnen und drei Mystiker, die im 20. Jahrhundert dieses Vordenken verkörpern: Madeleine Delbrêl, Etty Hillesum, Simone Weil, Thomas Merton, Pierre Teilhard de Chardin und Dag Hammarskjöld.
Verantwortlich:
Prof. Dr. theol. habil. Michael Höffner
Professor für Theologie der Spiritualität
zvpunry.ubrssare@pgf-oreyva.bet
Themen:
Prof. Dr. Michael Höffner, Münster/Berlin: Pierre Teilhard de Chardin (1881-1955)
Dr. Wunibald Müller, Würzburg: Thomas Merton (1915-1968)
Prof. Dr. Jürgen Werbick, Münster/Nottuln, Etty Hillesum (1914-1943)
Prof. Dr. Dieter Zimmerling, Leipzig: Dag Hammarskjöld (1905-1961)
Dr. Annette Schleinzer, Magdeburg: Madeleine Delbrêl (1904-1964)
Prof. Dr. Regine Kather, Freiburg: Simone Weil (1909-1943)
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